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So wirbt Toni Tuba für den Blaskapellen-Nachwuchs

Ein Berufsmusiker begeistert die Kinder der Marktgemeinde Weitnau

Hellengerst – Amelie pfeift buchstäblich auf dem letzten Loch. Der Neunjährigen gelingt es trotzdem nicht, der riesigen goldglänzenden Tuba vor ihr einen halbwegs passablen Ton zu entlocken.Irma(10) bläst die Backen auf und schürzt die Lippen: sie möchte Querflöte spielen. Und Lukas haut mit all seiner Kraft auf die Pauke: Es ist Instrumenten-Vorstellung im Probenraum der Musikkapelle Hellengerst. Etwa 40 Kinder sind gekommen, begleitet von Mama, Papa oder den Großeltern. Eine wahre Kakophonie von Tönen und Geräuschen erfüllt den Raum. „Wir suchen Nachwuchs für unsere Kapellen,“ erklärt Melanie Lechleiter, die Dirigentin der „Jugendkapelle Sonneck“, „und zwar dringend!“ Hier und heute in Hellengerst dürfen die Kids alles mal ausprobieren - von der Blockflöte bis hin zum aktuell trendigen Saxophon.

Bei der Nachwuchs-Suche hilft Herbert Hornig (46). Diplomierter Berufsmusiker, Mitglied im Ensemble des bayerischen Polizeiorchesters, Musikpädagoge mit Gastauftritten unter anderem im Orchester des Bayerischen Rundfunks. Ein hochqualifizierter Mann also und einer, der sofort einen Draht findet zu den Kindern, die gespannt vor ihm hocken. Hornig hat die wichtigsten Instrumente aufgebaut, die in unseren Musikkapellen gespielt werden. Und alle haben einen Namen: Felicitas Flöte, Flori Flügelhorn, Peter Posaune, Alex Akkordeon, Toni Tuba. Hornig spinnt eine akustische Geschichte um diese Figuren, lässt ein Instrument weinen, so dass andere lachen und sogar mit seiner Posaune ein „Motorrad“ durch den Saal dröhnen. Beiläufig erfahren die Kinder, warum die große Tuba tiefere Töne erzeugt als die kleinere Tina Tenorhorn, wer Ventile hat oder nur Klappen und warum man das Mundstück von Susi Saxophon erstmal ein bisschen anfeuchten sollte, bevor man anbläst: Es enthält ein feines Blättchen aus Holz. Und das vibriert feucht eben besser als trocken. Wieder was gelernt fürs Leben. Natürlich hat der aus Westendorf bei Kaufbeuren stammende Hornig („Mein Lieblingsinstrument ist die Tuba!“) auch ein riesiges Alphorn dabei. Das schwingt er zur Gaudi seiner jungen Zuhörer wild über ihre Köpfe: „Ein Schweizer Smartphone isch das,“ erklärt er, „damit kannsch du sogar von Gipfel zu Gipfel telefonieren.“ Mit einem solchen „Theaterstück“ und seinen akustischen und optischen Reizen erreiche man die Kinder am besten, hat Hornig festgestellt. Als Berufsmusiker möchte er den Vereinen dabei helfen, den immer wieder nötigen Nachwuchs zu finden: „Mir macht das immer wieder Riesenspaß!“ Das spürt man sofort. Sein Auftritt ist authentisch und leidenschaftlich. Der Tubaspieler tritt am 18.2. in der Grundschule Dietmannsried auf, am 19.2. steht die Schule in Rettenberg auf seinem Reiseplan.

Die Kids sind begeistert, klatschen, jubeln, trampeln, das steckt auch die Erwachsenen auf den hinteren Plätzen an und so wird aus der Vorstellung von Instrumenten im Handumdrehen ein fröhlicher Familiennachmittag. „Wir machen das auch in Schulen,“ erzählt Herbert Hornig. Bis zu vierzigmal pro Jahr ist er unterwegs, um bei den Kindern die Lust aufs Musizieren zu wecken. Nach seinen Beobachtungen schwindet diese Lust rapide, das Angebot vor allem der Sportvereine ist offenbar attraktiver: „Ein Instrument zu erlernen kostet einfach mehr Zeit als in einer Mannschaft sofort Erfolg zu haben“, erklärt der Musiker. Außerdem kosten Instrumente ordentlich Geld und den Einsatz der Eltern für die notwendigen Bring- und Holdienste zugunsten ihrer Kids. War vor wenigen Jahren die Querflöte noch der Hit beim Nachwuchs, so ist derzeit das Saxophon angesagt. Oder gar das Schlagzeug: „Ich spiels wegen des Rhythmus“, grinst die 13jährige Christina aus Weitnau, „seit fast vier Jahren schon. Macht einfach Spaß, eine geile Sache.“

Im Probenraum von Hellengerst hauen sie noch lange auf die Pauke und lassen die Posaune heulen. Lennart (7) steht etwas unentschlossen neben seinem Vater: „Ich würd ja gern mal ins Horn blasen,“ sagt er leise, „aber das ist so schwer, ich kanns net halten.“ Melanie, die Dirigentin der „Juka Sonneck“, macht dem Buben Mut: „Ich halte das Horn und du bläst.“ Lennart strahlt. Vielleicht ist er bald dabei, wenn sich die Kapelle jeden Freitagabend im Musikheim von Weitnau zum Üben trifft. Infos gibt’s bei den fünf Musikkapellen unserer Marktgemeinde in Hellengerst, Weitnau, Sibratshofen, Kleinweiler-Hofen und Wengen.

Text & Fotos Lutz Bäucker                                      

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